Rezensionen

Heinrich Steinfest: Das schwarze Manuskript

Oswald bekommt in Köln ungebetenen Besuch von drei Personen, die das schwarze Manuskript haben wollen, wofür auch Gewalt angewendet wird. Da setzt der Autor zu einem Zeitensprung an und landet in Wien und die Spannung steigt.

„Ashok Oswald saß in seinem Haus und dachte nach.“ Mit diesem ersten Satz wächst die Neugierde und entwickelt sich die Geschichte vom schwarzen Manuskript, das ihm anvertraut wurde. Auf Seite 69 kennen die Leser:innen dann die Vorgeschichte.


Abb.:
https://www.piper.de/buecher/das-schwarze-manuskript-isbn-978-3-492-07216-8

Es sind Bilder wie dieses: „Aber alles, was geschah, wurde klanglich gedämpft vom Schnee. Als hätte man eine dicke Haube an den Ohren, an denen drei Generationen gestrickt hatten.“ die zwischen Handlungen eingestreut sind und mich entschleunigen. Es sind Fragen wie diese: „Oswald hatte sich immer schon gefragt, wie der Begriff » unabhängig « ausgerechnet für Zeitungen hatte entstehen können. Von was unabhängig? Vom Wetter?“ und Antworten wie diese: „Weil man Zeitungen bei so gut wie jedem Wetter, selbst in stürmischen Zeiten, gedruckt bekam?“, die mich amüsieren. Es sind die Blicke auf die Welt wie dieser: „Kochen bedeutet, Totes zum Leben zu erwecken, zumindest die Illusion von Leben zu schaffen (oder auch nur Totenkleider, am deutlichsten bei der Panier, die ein Stück Fleisch ummantelt), die mich lachen lassen. Und es sind Überlegungen wie diese: „Was kann man Gott anbieten? Schokolade? Die Wahrheit?“, die nachhallen.

Der Sprung über 41 Jahre nach vorne in die Gegenwart packt die Lesenden, um dann seltsame Pirouetten zu nehmen und ausdauernd langatmig zu werden. Spannung setzt ab Seite 206 wieder ein, als die Leser:innen erfahren, welchen Inhalts das Schwarze Manuskript ist, der hier jedoch verschwiegen wird.
Das gibt nun Raum, um darauf hinzuweisen, dass der Autor angenehmer Weise immer gendert, wie hier exemplarisch: „Es wird getrunken und geraucht und getanzt und einiges Zeug genommen, das den einen oder die andere vergessen lässt, auf welchem Planeten man sich gerade befindet.“ Und er inkludiert politische Realitäten wie diese: „Noch war diese Kandidatur inoffiziell, umso mehr, als es Differenzen zwischen den rechtspopulistischen Parteien gab und ausgerechnet die so starke deutsche Gruppe – deren Name ebenfalls an das Geräusch eines Ertrinkenden erinnerte, so ein Ahhfffd ! – aus der Fraktion der Rechten und Nationalisten ausgeschlossen worden war.“, in neue Bilder.

Die Geschichte handelt also von zwei Männern, die einander nach 41 Jahren wiedersehen und dann gemeinsam Spaghetti essen. „Über das Alter dieses Parmesans wurde kein Wort verloren, diese Männer waren schließlich selbst alt.“ Doch das ist nicht das Ende.
Die Geschichte handelt von unmöglich Möglichem und möglichem Unmöglichen und ist eine kunstvolle und gelungene Verflechtung erd- und luftfarbiger Erzählstränge, die Grenzen überstrahlen.

September 2025
Rezension
Ilse M. Seifried, MA
https://www.i-m-seifried.at

Piper 2025, 242 Seiten
EAN 978-3-492-07216-8, € 23,70