Blättert die interessierte Leserin das Buch auf, springen ihr auf den ersten beiden Seiten sechs Zitate von sechs Männern entgegen. Kein guter Einstieg.
Dem Autor geht es, wie der Titel verkündet, um die ästhetische Qualität der deutschen Sprache. Roland Kaehlbrandt, 1953 geboren, ist Sprachwissenschaftler. Er initiierte auch Projekte wie den Bundeswettbewerb „Jugend debattiert“ und „Deutschland schreibt!“. Sein Anliegen ist es, alle Kritiker (sic) des Deutschen, die diese Sprache für unmelodisch und unschön halten, vom Gegenteil zu überzeugen und so den Ruf und die Reputation des Deutschen zu verteidigen.
Im Vorwort verspricht er: „Die Lektüre ist leichtgängig und sie lohnt sich.“ Und er verweist darauf, dass in der Rohheit des Alltagslebens oft die Schönheit der Sprache verblasst und bringt ein positives Beispiel: Statt sich nicht unterkriegen zu lassen, könnten wir unverdrossen sagen.
Der erste Teil des Buches thematisiert Wie das Deutsche schön sein kann. Der zweite Teil fokussiert auf Wie schön Deutsch sein kann. Alle vor seine 17 Unterkapitel gesetzten Zitate sind von verstorbenen und lebenden Männern. Als wäre die Welt der Sprache und die Meinung über diese eine ausschließlich männliche Angelegenheit.
Das Buch scheint mir aus der Zeit gefallen. Es mag gut geeignet für jene sein, die sich in längst Vergangenes vergraben und dort vertiefen und vergnügen wollen.
Ihr holden Schwäne
und trunken von Küssen
tunkt ihr das Haupt
ins heilignüchterne Wasser (Hölderlin)
Dass im Zusammenhang zeitgenössischer Lyrik ein Beispiel von Safiye Can zitiert wird, erstaunt tatsächlich und lässt um so mehr weitere Frauen vermissen.
Zu viele Aspekte werden nur kurz angesprochen. „Politik ist Sprache.“ wird Hannah Arendt zitiert, ihre weiteren Gedanken dazu fehlen. Robert Habecks Buchtitel wird erwähnt und beurteilt mit: „Gustav Heinemann hatte den Weg schon beschritten.“ Das Buch des belesenen Autors bietet viele weitere Diskussionspunkte.
Der Schluss Zur Schönheit rundet die vielen konkreten Beispiele zusammenfassend ab. Mit dem Satz: „Diesen Reichtum nicht zu kennen, ist ahnungsloser Verlust. Ihn zu kennen, ist Gewinn und Glück.“ schließt das Buch.
Gewinn und Glück für Lehrer:innen bedeutet auch, das Interesse von Schüler:innen wecken zu können. Das gelingt wohl eher auf alternativen Pfaden. Der Buchtitel ist ein ausreichend guter Impuls, sich aufzumachen, die Schönheit der deutschen Sprache mit frischem Blick, lebensnah und auf eigene Art und Weise mit allen diversen Blickweisen zu entdecken.
Oktober 2025
Rezension
Ilse M. Seifried, MA
https://www.i-m-seifried.at
320 Seiten, Klappenbroschur
Piper 2025
ISBN 978-3-492-32194-5
€ 15,-





